Insolvenz trotz Umsatzsteigerung
Die Gefahren einer unkoordinierten Expansion liegen stets im Detail. Das folgende Beispiel zeigt Ihnen, worauf es wirklich ankommt, welchen Nutzen ein strategisches Controlling mit sich bringt und worauf Sie bei der schrittweisen Expansion achten sollten:
Ein ambulanter Pflegedienst mit 140 Patienten und einer statistischen Gleichverteilung der Einnahmen aus SGB V- und SGB XI-Leistungen kann den in unmittelbarer Nähe gelegenen Wettbewerber übernehmen. Dieser verfügt zum Übernahmezeitpunkt über 60 Patienten. Durch die direkte Übernahme der Patienten, kann der Pflegedienst den monatlichen Umsatz von 140.000€ schlagartig auf 170.000€ steigern.
Mit steigender Patientenzahl übernimmt der Pflegedienst auch einen Teil der Pflegefachkräfte des übernommenen Unternehmens und stellt zudem weitere Pflegehelfer ein. Um die plötzlich gestiegene Patientenzahl auch bedienen zu können, musste der Pflegedienst das Gehaltsgefüge nach oben korrigieren, damit neues Personal zügig gewonnen und in die bestehenden Betriebsstrukturen integriert werden konnte.
Wenige Monate später hat der Pflegedienst jedoch Liquiditätsengpässe und kann das Gehalt einzelner Mitarbeiter nicht mehr pünktlich zahlen. Es droht ein Insolvenzverfahren.
Was war passiert?
1. Lag die Kennzahl „Umsatz/Patient“ vor der Übernahme noch bei 1000,- € pro Patient (140.000 € Umsatz auf 140 Patienten), so ist diese Kennzahl nach der Übernahme auf 850,- € gesunken (170.000 € Umsatz auf 200 Patienten).
2. Die Fixkosten pro Patient sind gestiegen. Durch den Personalzuwachs und das angepasste Gehaltsgefüge lagen die Gehälter vor der Übernahme bei 100.000 € pro Monat (Personalkostenanteil an Umsatz: 71%). Nach der Übernahme lagen sie jedoch schon bei 128.000 € (Personalkostenanteil an Umsatz: 76%).
3. Die variablen Kosten sind ebenfalls gestiegen. Durch die gestiegen Anzahl der Patienten sind Benzinkosten, Prämien, Sonderzahlungen und weitere Zuschläge ebenfalls gestiegen. Der Mehrumsatz von 30.000 € wurde durch die Mehrkosten an Personal nahezu aufgezehrt (28.000 €) und durch die gestiegenen variablen Kosten kam es letztlich nicht mehr zu einer Kostendeckung. Der Pflegedienst machte Verlust trotz Umsatzsteigerung.